Das sechste Massenaussterben (Ceres)
Das sechste Massenaussterben (Ceres) [The Sixth Extinction (Ceres) 2015]
Andreas Greiner
Eine figurative Skulptur, die die Göttin des Ackerbaus, des Getreide und der Fruchtbarkeit darstellt, wird in einer Glasvitrine ausgestellt. Diese Göttin wurde im alten Griechenland als Demeter verehrt und in der römischen Religion als Ceres. Aus Gips und einer mit Mikroorganismen angereicherten Nährstofflösung gegossen, wird die Statue im Laufe der Ausstellung zersetzt da Kolonien von üppigen, filigranen Pilzen und Schimmel sie auffressen. Die Skulptur verwandelt sich ständig während die Nährstoffe in lebendige Biomasse konvertiert werden. Der göttliche Körper mit seiner klassischen Form erliegt dem scheinbaren chaotischen Prozess des Nährstoffkreislaufs. In der antiken Mythologie verkörpert Ceres sowohl Tod als auch Leben: das Erwachen des Lebens in der Natur und der Abbau und die Zersetzung organischer Materie – kurz, der ganze Zyklus des Lebens. Er bietet Nahrung und erlaubt somit Wachstum und Vermehrung, gleichzeitig aber wird die Ceres-Skulptur zersetzt und neu zusammengestellt von den Mikroorganismen. Fruchtbarkeit, oder die Fähigkeit der Natur, sich selbst zu erhalten, bleibt bis heute ein wichtiger Gegenstand unserer Verehrung. Für den modernen Stadtmensch haben Fruchtbarkeitsskulpturen ihre Bedeutung verloren, da wir immer mehr unsere Verbindung zur erhaltenden Kraft der Natur sowie auch zum Essen verlieren. Wichtige Zersetzungsprozesse der Natur, wie die Skulptur The Sixth Extinction (Ceres) betont, werden von Pilzen und Mykorrhiza ausgeführt. Für die Ernährungssicherheit spielen sie somit eine wichtige Rolle, weil sie den Nährstoffkreislauf fortsetzen. Der Titel The Sixth Extinction (Ceres) bezieht sich auf der Theorie eines Holozän-Massenaussterbens, das heißt auf das Verschwinden von Arten in Folge menschenverursachter Naturveränderungen im Zeitalter des Anthropozäns.